Das Projekt von „Waiblingen-Klimaneutral“ zur Stadtbegrünung und zur Artenvielfalt
Baumpflanzung – Ein mühsames Geschäft, aber lohnenswert!
Streuobstwiesen sind uralte Kulturlandschaften, deren Bedeutung für unsere Artenvielfalt erst in den letzten Jahren immer mehr Menschen gewahr wird. Dennoch werden es immer weniger Wiesen – der Bestand schrumpft Jahr und Jahr.
Aber viele Mitbürger*innen stemmen sich dem langsamen Sterben unserer Streuobstbestände entgegen und versuchen trotz Dürren und neuen Krankheiten (z.B. Rindenbrand) unsere Streuobstwiesen zu erhalten. Ganz wesentlich ist die Neupflanzung von Bäumen zwischen die alten Bestände, um die Wiese zu verjüngen.
Worauf muss man achten:
1.) Gesunde Hochstämme von einer guten Baumschule! Die Sortenauswahl ist Glaubenssache, aber es gibt robustere und weniger robustere Obstsorten.
2.) Vor dem Pflanzen die Wurzeln einige Stunden lang wässern.
3.) Das Pflanzloch mindestens doppelt so groß wie den Wurzelballen ausheben,
die Grassoden separat legen!
4.) Einen Wühlmauskorb aus unverzinktem Drahtgeflecht in das Pflanzloch einbauen.
5.) Die oberste Erdschicht separat lagern. Den Aushub mit Humuserde oder Kompost, Hornspänen, Mykorrhiza mischen.
6.) Die Grubensohle auflockern, um Staunässe zu verhindern.
7.) Gegen Winddruck muss der Baum an einem Pfahl befestigt werden. Erst den Pfahl in die Grube setzen, dann den Baum. So wird vermieden, dass die Wurzel beschädigt wird.
8.) Baumwurzeln etwas anschneiden, abgeknickte Wurzeln abschneiden
9.) Den Baum so tief in das Pflanzloch setzen, dass sich die Veredelungsstelle am Stamm etwa eine Handbreit über dem Boden befindet.
10.) Erde in die Grube füllen – beim Einfüllen die gleiche Schichtung wie beim Ausgraben einhalten. Erde leicht festtreten.
11.) Kräftig Wässern!
12.) Die Pflanzstelle (Baumscheibe) in den ersten Jahren von konkurrierendem Pflanzenwuchs freihalten! Im Frühling mit Grasschnitt abdecken.
13.) Die Jungbäume müssen bewässert werden!
14.) Weißanstrich vornehmen!
Mögliche ergänzende Alternativen zu den klassischen Obstbaumarten hinsichtlich des Klimawandels sind:
- Walnuss
- Pfirsich (Tipp: Sorte Benedicte, robust und wenig anfällig gegen die Kräuselkrankheit)
- Mandel
- Mispel (wird eher ein Buschbaum wie z.B. Quitte)
- Esskastanie (aber nicht auf zu kalkhaltigen Böden)
- Feige (verliert das Laub, entsprechende Sorten sind frosthart bis -20° C)
- Elsbeere
- Mehlbeere
- Speierling (Achtung: wird groß wie ein Waldbaum)
Diese Pflanzanleitung können Sie hier herunterladen.
Mit der Saatgutmischung der Stadt Waiblingen kann man selbst auf dem Balkon einen bunten Insektengarten schaffen.
Wussten Sie, dass die Flächen der privaten Gärten in Deutschland zusammengerechnet fast genauso groß sind, wie die Fläche aller deutschen Naturschutzgebiete?
Deshalb sind sie für den Erhalt unserer Artenvielfalt so wichtig. Denn hier kann überall und ganz schnell ein kleines Paradies für wilde Bienen, Schmetterlinge und viele andere Insekten entstehen.
Dabei muss es gar kein großer Garten sein, es genügt schon ein einziger Balkonkasten um eine Nahrungsquelle für Insekten zu schaffen.
Zum Glück gibt es dafür schon sehr viele praktische Infos, von denen wir einige für Sie ausgesucht haben. Viel Spaß beim Stöbern, hier finden Sie fast alles zu Themen wie Pflanzenwahl, Saatgut, torffreie Erde usw.
Eine Anleitung zum Aussäen von Wildblumen für Bienen und Insekten können Sie direkt hier herunterladen.
„Besuch am Gartenzaun“
Vom Vorgarten zur Blühwiese
von Stefanie Geisbusch
Der Einladung von Waiblingen klimaneutral zum „Besuch am Gartenzaum“ sind am 20.09.24 knapp 30 Personen gefolgt, um sich in der Schwabstraße über die Umgestaltung eines Vorgartens in eine artenreiche Blühwiese zu informieren. Mit großem Interesse folgten die Besucherinnen und Besucher den Ausführungen von Patrick Glatz, der federführend für die gesamte Hausgemeinschaft die Umgestaltung geplant und koordiniert hat.
Alles begann mit der Frage, wie der Garten zukünftig ohne großen Zeitaufwand gepflegt werden kann und gleichzeitig in Zeiten des Klimawandels mit wenig Wasser auskommt. Schnell rückten Aspekte der Biodiversität und des Artenschwundes in den Fokus und es entstand die Idee, eine artenreiche Blühwiese anzulegen.
In der Eigentümerversammlung wurde die Projektidee vorgestellt und gemeinschaftlich ihre Umsetzung beschlossen. In einer konzentrierten Aktion von Eigentümern und Mietern wurden im Herbst die bisher vorhandenen Pflanzen entfernt, der Garten quasi dem Erdboden gleichgemacht. Im nächsten Schritt wurde der Boden mit Sand abgemagert, um so gute Wachstumsbedingungen für die neu anzusiedelnden Pflanzen zu schaffen. Zudem wurden mehrere Obstgehölze gepflanzt, die zukünftig mit einer finalen Wuchshöhe von 4 – 6 Metern Schatten spenden und dadurch zur Minderung des städtischen Wärmeinseleffekts beitragen werden. Auf diese Weise entsteht nicht nur ein angenehmeres Mikroklima, die Bäume helfen außerdem bei der Regulierung des städtischen Wasserhaushalts, indem sie den Abfluss von Regenwasser verlangsamen und so das Risiko von Überschwemmungen und eine Überlastung der Kanalisation vermindern. Bäume wirken auch als natürliche Schallschutzbarrieren. Außerdem bieten Bäume Lebensräume für viele Tierarten, wie Vögel, Insekten und Kleintiere. Dies fördert die städtische Biodiversität und schafft grüne Korridore für die Tierwelt. Ganz nebenbei gibt es Obst aus dem eigenen Garten, regional und zu 100% biologisch.
Ein mit Hackschnitzel bedeckter, mäanderförmiger Weg wurde als Gestaltungselement angelegt, um eine räumliche Tiefe zu erzeugen und den Garten größer wirken zu lassen. Zudem gibt der Weg dem Garten Struktur und schafft dadurch eine harmonische Atmosphäre.
Im Frühjahr darauf wurde die Saatmischung „Wärmeliebender Saum“ ausgebracht, bis zum Keimen der Saat musste allerdings der Boden gleichmäßig feucht gehalten werden. Es dauerte eine Weile, bis die ersten Keimlinge sichtbar wurden, hier brauchte es wirklich Geduld. Doch die Mühe wurde drei Monate später mit einer Blühwiese belohnt, mit rot leuchtendem Klatschmohn, blauen Kornblumen und vielen anderen Arten. Es dauerte nicht lange und die ersten Insekten zeigten sich, Marienkäfer, Schmetterlinge, Bienen, Hummeln und viele mehr.
Eine artenreiche Blühwiese muss zweimal im Jahr gemäht werden, um ihre Artenvielfalt zu erhalten und das ökologische Gleichgewicht zu fördern. Durch das regelmäßige Mähen wird verhindert, dass konkurrenzstarke Gräser oder einzelne Pflanzenarten die Wiese dominieren. Ohne Mähen könnten diese Pflanzen die schwächeren und selteneren Arten verdrängen, was zu einer Verarmung der Artenvielfalt führen würde. Das Mähen zu bestimmten Zeitpunkten ermöglicht es unterschiedlichen Pflanzenarten, sich zu etablieren und ihre Samen auszubilden, bevor sie geschnitten werden. Die Samenbildung wird gefördert, indem die erste Mahd erst dann erfolgt, nachdem die Pflanzen geblüht und Samen gebildet haben (in der Regel im Juni oder Juli). So können sich die Wiesenpflanzen aussäen und im nächsten Jahr erneut wachsen. Die zweite Mahd im September oder Oktober entfernt die verblühten Pflanzen und verhindert, dass das alte Pflanzenmaterial das Wachstum im nächsten Frühjahr behindert. Es ist jedoch unbedingt erforderlich, das Mähgut zu entfernen, um zu verhindern, dass Nährstoffe in den Boden zurückgeführt werden. Auf nährstoffreichen Böden würden Gräser und dominante Pflanzenarten schneller wachsen und die konkurrenzschwächeren Pflanzen verdrängen.
Durch die Umgestaltung des Gartens konnte nicht nur der Pflegeaufwand deutlich reduziert werden, sondern es wurde auch ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt geleistet. Durch die Auswahl heimischer Pflanzenarten wurde ein Lebensraum für Insekten, Vögel und andere Kleintiere geschaffen, der zur ökologischen Aufwertung des städtischen Raums beiträgt. Eine Blühwiese ist widerstandsfähiger gegen extreme Wetterereignisse wie Dürre oder starke Regenfälle. Der Garten hat nun ein anderes Erscheinungsbild, durch den Weg und ein integriertes Rosen-/Lavendelbeet hat er jedoch eine ästhetische Struktur, die der naturnahen Wiese eine Ordnung verleiht.
Die naturnahe Umgestaltung des Grundstücks wurde ergänzt durch zwei Hochbeete im Hinterhof, in denen Gemüse angebaut wird. Ein Komposthaufen hilft bei der Verwertung von organischen Abfällen, der gewonnene Humus versorgt die Pflanzen im Hochbeet mit Nährstoffen. Das Gemüse wird mit Regenwasser gegossen, das in eigens dafür angeschafften Regentonnen gesammelt wird.
Alle Maßnahmen sind als ein Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit zu sehen und waren nur durch die konkrete Unterstützung und Zusammenarbeit der Hausgemeinschaft möglich.
Am Ende des Besuchs am Gartenzaun gab es für die Besucherinnen und Besucher Probier-Tütchen mit der Samenmischung „wärmeliebender Saum“ und eine Apfelsaftverkostung, organisiert von Mitgliedern der Initiative Waiblingen klimaneutral. Alle waren sich am Ende einig: Die naturnahe Umgestaltung des Gartens ist ein Projekt, das in Zeiten des Klimawandels zur Nachahmung einlädt.
Weitere Infos und Bezugsquellen:
Das Praxismagazin für Balkongärtner/innen:
Pflanzen und Saatgut für den Insektengarten:
https://www.purgruen.de/blogs/magazin/trockenresistenter-garten
https://www.syringa-pflanzen.de/
https://www.naturgartenvielfalt.de/
Die Initiative des BUND zum Erhalt der Streuobstwiesen:
https://www.bund-bawue.de/themen/natur-landwirtschaft/streuobstland-baden-wuerttemberg/
Der Landesnaturschutzverband: „Ländle leben lassen“ und „Naturgarten Wettbewerb“:
Fast alles zum Erhalt der Streuobstwiesen:
https://www.streuobstparadies.de/
Wissenschaftliche Informationen zum Klimawandel in Baden-Württemberg:
https://lokale-klimaanpassung.de/wissensportal/
Viele Empfehlungen des NABU zum Naturschutz im Garten:
www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/tiere/
Naturnaher Garten die Tipps vom BUND:
www.bund.net/umweltgifte/pestizide/insektenfreundlicher-garten/
Filmbeiträge des MDR zum Naturschutz im Garten:
www.mdr.de/wissen/artenschutz-garten-tipps-herbst-pflanzen-tiere-100.html
Pflanzentipps des LBV für den naturnahen Garten:
www.lbv.de/ratgeber/lebensraum-garten/pflanzen/
Empfehlungen zum Natur- und Erlebnisgarten vom NABU:
www.nabu-heidelberg.de/tiertipps-erste-hilfe- mehr/amphibienteich-im-garten/
Tipps zum Amphibienschutz vom BUND:
www.bund-naturschutz.de/tiere-in-bayern/amphibien/amphibienschutz/amphibien-im-gartenteich